Die
Unkatln
Vor undenklichen Zeiten war ein "Unkatl",
das früher auf Zwingenstein oben gehaust hatte, in das
Dornacher Gehöft gekommen. Es siedelte sich im Wohnhause
an und trieb so argen Spuk, dass der Bauer einen frommen
Pater von Bozen heraufholte, damit er das unholdige Ding wegsegne.
Der Pater kam, und wie das Glöcklein erklang und Acht
und Bannspruch gesprochen wurde, da schlengelte der Geist
in Stall und Birl (Getreideboden) hinüber. Darauf folgte
eine milde Nacht. Die Knechte und Taglöhner waren heimgekommen,
assen ihr Nachtmahl und legten sich alle zusammen ins
Heu zum Schlafen.
Wie die Mitternacht angerückt war, weckt
sie ein lautes Geräusch und neckisches Kichern im Stadel.
Das Heu wurde durcheinander geworfen und allenthalben ruckt,
schiebt und poltert es so ungebührlich, dass die
Insassen allesamt fluchend in die Kammer hinüber wanderten.
Der Dornacher holte am Morgen gleich wieder
den Pater herauf, den Spuk von Stall und Scheune wieder ins
Haus zurückzubannen. "Lieber habe ich ihn doch noch
da herin", sagte der Bauer.
Und da wanderte nun der Tückebold in der
Nacht vor hohen Festtagen wie auch in Quatembernächten
nach zwölf durch Stube und Schlafkammern, Küche,
Keller und Boden, zuzeiten als winziges Weiblein bemerkbar,
aber ohne Kopf, dann wieder als nebliger Haufen, keuchend
und schnaubend, hockte bald da, bald dort in einer Ecke, und
niemand konnte es ihm wehren.
Fragte man es, was es da wolle, so gab es keine
Antwort. Als es der Bauer einmal mit Mord und Brand, mit Donnerwetter
und allen Teufeln bedrohte, da packte es ihn so grimmig am
rechten Arm, dass ihm der Arm verdorrte. Ein anderesmal
leuchtete es zu Mitternacht plötzlich durchs Fenster
herein, wo der Bauer schlief, als ob es brenne. Er springt
empor und reisst das Fenster auf; die roten Flammen züngeln
schon durch die Laden der Brotkammer und prasselnd frisst
der Brand um sich. Die "Gahnen" fliegen sogar auf
das strohene Birldach.
Der Bauer reisst die Tür der Brotkammer
auf, um zu löschen. Siehe da, die Kammer war ganz finster
und die Laden zu; es brannte nirgends. Da rief er zornig:
"Das hat der elendige Wicht getan, der Hausgeist. Der
soll in Dreiteufels Namen zur Hölle fahren!" Aber
der Geist war nirgends zu sehen. Am Morgen, als die Bäuerin
aus Vorwitz ebenfalls in die Brotkammer ging, walgte der Hausgeist
kichernd die Stiege herab.
Quelle: Heyl, Johann Adolf, Volkssagen, Bräuche
und Meinungen aus Tirol, Brixen 1897, S. 225 f.
Entnommen aus: Bruno Mahlknecht, Südtiroler Sagen, Bozen
1981, S. 77
|