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Der Hexenmeister Manz

Hexenmeister ManzManz war ein Vagabund, Zauberer, Bettler und Betrüger in einer Haut und soll vor langer Zeit in Oberinn gelebt haben. Einmal wurde er über Sarntal gewaltig zornig, weil ihn die Sarner beleidigt hatten. Um sich nun zu rächen, wollte er aus dem Sarntal einen See machen. Um dieses zu bewerkstelligen, wollte er Jenesien und Ritten zusammenlahnen, damit das Tal dadurch geschlossen würde. Er fing wirklich die Zaubereien an und es zogen pechschwarze Wolken aus allen Weltgegenden her, Blitze leuchteten auf Blitze, und es donnerte und hagelte, dass die Leute meinten, es wäre der Jüngste Tag im Anzuge.

Wie der helle Tag plötzlich zur finstern Nacht geworden war, fing es in allen benachbarten Türmen an, Wetter zu läuten - und Wolken, Blitze, Donner und Hagel mussten zum Tal hinaus und über die Berge weg! Da wurde Manz gar zornig, als er seinen Plan vereitelt sah, und sagte:

"Der Teufel hole
die Jenesier Plattrerin,
den Paulser Pfarrstier,
die Lavenner Lavötsch und
die Wangner Geissschellen!"

Alsdann ging er ergrimmt fort. Auf Schwarzegg und auf dem Ritten zeigt man jetzt noch Abgründe, die von jenem Wetter herrühren, und zu unfolgsamen Kindern sagt man noch heutigen Tages: "Wenn ihr nicht folgt, kommt der Manz."

Einmal hielt sich dieser bekannte Schwarzkünstler auf der Haflinger Alm auf und zeigte allerlei Kunststücke. So mähte er eine Wiese im Nu ab und schnitt Gesträuche und Steine wie dünne Grashalme nieder. Einen Dengelstock mähte er wie einen Halm entzwei. Wenn die Sense stumpf war, wetzte er sie mit einem Stücklein Holz. Als es in Hafling elf Uhr läutete, sprach er, nun müsse er nach Innsbruck fahren, um dort Mittag zu machen, und im Nu war er verschwunden!

Oft fuhr er über die steilsten, unwegsamsten Felsen mit lautem Hallo! und Hott! hinauf. Die schwarzen Rosse schnaubten Feuer.

Wegen dieser und ähnlicher Zauberstücklein wurde er weit und breit so gefürchtet, dass sein Erscheinen allein ganze Gegenden in Schrecken versetzte. Endlich war das Mass seiner Sünden voll und die Hölle selbst liess ihn im Stiche. Als er einmal in einer Hütte zu Aschl sass, umzingelte sie das Meraner Aufgebot. Damit er durch seine Zauberkünste nicht entkomme, hielt man ein Kreuz vor das Kammerfenster hin und ein zweites Kreuz wurde mit Kreide auf die Tür gezeichnet. Als Manz die drohende Gefahr bemerkte, verwandelte er sich in eine Bremse, die ungestüm an allen Wänden herumsummte und durch ein Loch oder eine Ritze zu entkommen suchte. All das Suchen war aber vergebens, denn jede Spalte, ja das Schlüsselloch selbst war wohl verstopft. Nun bat die Bremse den Knecht, der in der Kammer war, er möchte das Kreuz an der Türe wegwischen. jedoch dieser blieb unerbittlich, obwohl ihm die Bremse Tod und Verderben drohte.

Bald kam der Gerichtsdiener herein, erwischte die grimmige Bremse, sperrte sie in eine Büchse, umwickelte diese mit einem geweihten Tuche und trug die summende Bestie, die sich oft sehr schwer machte, nach Meran. Hier nahm man die Bremse aus der Büchse, tat sie in einen kupfernen Kessel, den man mit einer kupfernen Platte zudeckte. Lang wehrte sich das Tier vor der Berührung des Kupfers, endlich liess es ermüdet die Flügel sinken. Kaum hatte es den Grund des Kessels berührt, war der Zauber gelöst und die Bremse wurde wieder Manz, der im Gefäss nicht Platz hatte. Man nahm den Deckel weg und schmiedete den Hexenmeister mit Ketten an den Kessel. Dadurch war ihm die Flucht unmöglich gemacht, denn das Kupfer widersteht jeder Zauberkraft. Man lud den Kessel nun auf einen Wagen, auf dem ein frommer Kapuzinerpater auch Platz nahm, und führte ihn auf den Richtplatz. Unterwegs bat er die Knaben, die dem Zuge zusahen, oft, sie möchten ihn mit Kot bewerfen, doch der Richter hatte dies bei grosser Strafe verboten. Denn hätte Manz nur ein Kügelchen Erde erlangt, hätte seine Zauberkraft wieder gewirkt und er würde Fesseln und Banden wie ein leichtes Spinngewebe zerrissen haben.

Als der Wagen zur Passerbrücke kam, wollte der Teufel dieselbe abreissen. Schon erkrachte die Brücke in ihren Fugen, schon wankten die Pfeiler und zwei pechschwarze Vögel stürzten mit wildem Geflatter und schauerlichem Gekrächze aus der Luft und setzten sich auf Manzens Schultern, da warf der Pater hochgeweihte Sachen in die Passer und besprengte den Zauberer und die Brücke mit Weihbrunnen.

Dadurch wurde die Macht der Hölle gebrochen und die schwarzen Vögel verwandelten sich in einen stinkenden, gräulichen Rauch, der sich in der Luft verzog. Wie sich Manz vom Teufel verlassen sah, schrie er voll Wut: "Du bist doch ein elender Kerl; ein Tropfen Wasser hat mich nie versprengt, dich aber davongejagt." Der Hexenmeister blieb unbussfertig und wurde auf dem Sinich verbrannt. Auf der Richtstätte soll seitdem kein Halm Gras mehr gewachsen sein.

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Quelle: Zingerle, Ignaz Vinzenz, Sagen aus Tirol, 2. Auflage, Innsbruck 1891, S. 457 - 459
Entnommen aus: Bruno Mahlknecht, Südtiroler Sagen, Bozen 1981, S. 82
 

 

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