Zum Brandl, einem Kleinhäusler in Wangen,
kam eines Tages ein verlaufener Bub; er wusste so zu
reden, dass ihn der Bauer als Geisshirten anstellte.
Aber in dem Buben steckte ein Stück Teufel, und den Brandl
hat es oft gewurmt, dass er den Teufelsbuben angenommen
hatte. Fortzubringen war er nicht wieder, und der Bube drohte,
wenn ihn der Bauer nicht behalte, ihm Haus und Hof anzuschüren.
Vom Beten wollte der Bursche nichts wissen, und niemand sah
ihn jemals das Kreuz machen. Er war dem Bösen verschrieben
mit Haut und Haar und den Menschen rein nur zur Plage. Er
verstand sich auf alle möglichen Hexen- und Zauberkünste.
Wenn er gut aufgelegt war, zauberte er Mäuse her in grosser
Menge, alle mit feurigen Augen; die ganze Stube war oft davon
voll, sie rannten wie besessen herum und sprangen die Leute
an. Wenn sie sich dann recht fürchteten, lachte der Bube,
dass ihm die Trommel bersten wollte. Murmelte er etliche
geheimnisvolle Worte, dann waren die Mäuse weg wie Rauch
in der Luft.
Bisweilen kam der Bub ohne die Geissen
heim; wenn ihn der Bauer fragte, wo er sie habe, antwortete
er, sie kämen bald von selber. Richtig, da kamen sie
über eine Zeit wie rasend hergerannt und hinter ihnen
ein schwarzer, zottiger Hund, der sie heimhetzte. Hatte sie
der Hund in den Stall gehetzt, verschwand er auch wieder im
Handumdrehen.
Einmal am Vigilitag gingen die Leute vom Brandlhause
nach Wangen hinauf zum Gottesdienst, und nur der Geissbub
blieb daheim, weil er in die Kirche nicht zu bringen war,
und ein alter Mensch, der nicht mehr gehen konnte. Der Alte
war in der Stube, der Bub draussen. Auf einmal lachte
dieser so unbändig, dass etwas Seltsames los sein
musste, Vorwitzig "tschergget" der Alte hinaus,
zu schauen, was es gäbe. Da wackelte durchs Kornfeld
ein kleines, ganz fremdländisch gekleidetes Mannl herunter,
dessen Augen wie rote Kentelstümpfe glühten. Darum
lachte der Geisshirt. Dem Alten aber war nicht ums Lachen;
ihm kam die Gestalt so unheimlich vor, dass er am ganzen
Leibe zitterte. Als der Geissbub herangewachsen war,
wurde ihn der Brandl endlich los; der Bursche hatte zur Bauernarbeit
keine Lust und ging zum Militär. Seitdem hat man nichts
mehr erfahren davon.
|
|
|
Quelle: Heyl, Johann Adolf, Volkssagen, Bräuche
und Meinungen aus Tirol, Brixen 1897, S. 285 f.
Entnommen aus: Bruno Mahlknecht, Südtiroler Sagen, Bozen
1981, S. 80
|