Das
Brandlungeheuer
Vor vielen Jahren ging beim Brandl in Wangen
das "Ung'heur" um, besonders in der Nacht, wenn
die Leute, müde von der harten Arbeit, gerne geschlafen
hätten. Bald hörte man lautes Gepolter, als hämmerten
die "Klamperer" auf eiserne Pfannen los, dann erscholl
in den unnatürlichsten Lauten ein markdurchdringendes
Geschrei; ein anderesmal strahlte grellroter Feuerschein durchs
kleine Kammerfenster, dass die Schläfer erschrocken
auffuhren, weil sie meinten, der Stadel stehe in Flammen,
und hie und da schleuderte es etwas Schweres auf das Dach,
dass das ganze Haus zitterte, und wenn man bei Tag nachschauen
ging, fand sich nichts vor.
Manchmal war die Stube frühmorgens voll
Unrat, so dass man den Mist sogar hinausschaufeln musste.
Wenn die Leute zornig wurden und schimpften, brach das Ung'heur
in irgend einem Winkel in helles Gelächter aus, ohne
dass man es sehen konnte. Der Bauer liess den Poltergeist
wiederholt beschwören, zuletzt durch einen frommen Pater
von Bozen, aber der Geist trieb es nach der Beschwörung
nur ärger als zuvor.
Ja, einmal wurde der Pater durch einen Steinhagel,
von unsichtbaren Händen geworfen, vertrieben. Erst im
Laufe der Zeiten wurde es allmählich von selbst besser,
und jetzt hat das Brandlung'heur sein Unwesen schon lange
ganz eingestellt.
Quelle: Heyl, Johann Adolf, Volkssagen, Bräuche
und Meinungen aus Tirol, Brixen 1897, S. 229 f. Entnommen
aus: Bruno Mahlknecht, Südtiroler Sagen, Bozen 1981,
S. 80
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