Es
war einmal ein Knecht in Siffian am Ritten in Südtirol,
ein bildsauberer Bursche, der stieg in einer Sommernacht den
Berg hinauf auf den Rosswagen und wollte sich selber überzeugen,
ob es wahr sei, was die Rittner davon erzählen und ob
da wirklich der Teufel erscheine samt seinem fürstlichen
Gefolge inmitten der Hexen.
Und so stand er da oben und wartete. Als ihn
aber Müdigkeit überkam, setzte er sich just auf
den Stein, der in den Hexenmächten dem Satan zum Sitz
diente, ohne dass er den Stein gekannt hätte. Die
Nacht war hell, und es stiegen ihm allerlei Gedanken auf,
wie er mit des Satans Hilfe reich werden könne. Endlich,
als sich lange nichts zeigen wollte, bekam er Langeweile und
fing an, schläfrig zu gähnen.
Das war eben die rechte Zeit, denn auf der Gissmanner
Uhr schlug es gerade zwölf. Und weil's eben Pfinztag
war und also die Hexen zum Taiding (Versammlung) entboten
waren, da wallte dichter Nebel die Tiefe herauf und ein unheimliches
Leuchten fuhr durchs Gewölk. Und wie erst des Satans
Leibtrompeter den Generalmarsch blies und der Siffianer darob
erwachte und zu sich kam, da ritt auch schon der Vortrab der
Hexenschwadron auf den Rosswagen herauf.
Fast lauter blutjunge Dinger waren's, darunter
manch wohlbekanntes Gesicht. Die vordersten ritten auf schwarzen
Rossen, aus deren Nüstern feuriger Dampf hervorzischte.
Dahinter galoppierte die Pachlerin aus dem Sarntal auf einem
halben Schwein heran, und rechts und links von ihr tummelten
sich die Pemmerer Hexe, die ob ihres kecken Wesens des Satans
Leibhexe war, und die Meltererin aus Gasters auf je einem
feurigen Besen, und ihnen folgte der Schwarzhartner auf einem
leichtfüssigen Hirsch mit ellenlangem Geweih.
Darnach schoss die Frau Amtmännin
aus Lengmoos auf einem greulichen Wurm heran, und der seltsam
gewundene Knotenstock in ihrer Rechten deutete darauf hin,
dass die vornehme Frau in des Satans Gefolge eine höhere
Würde bekleidete. Weiterhin gewahrte der Knecht einen
endlosen Zug. Die vorderen stiegen von ihren seltsamen Reittieren,
reihten sich um den Stein, auf dem der Siffianer sass
und sahen den fremden Gast mit höllischem Grinsen an.
Noch blieb er sitzen; als aber der Kreis der
Unholden sich zu schliessen begann, da wurde ihm bange,
er möchte der höllischen Bande erliegen, er sprang
auf und durch das Loch, das im Hexenkreis noch offen stand,
und rannte in solcher Eile bergab, als wäre der Weg zwischen
dem Rosswagen und Siffian nur etliche Steinwürfe
weit. Das Reichwerden aber hat er sich aus dem Kopf geschlagen.
Quelle: Heyl, Johann Adolf, Volkssagen, Bräuche
und Meinungen aus Tirol, Brixen 1897, S. 303
Entnommen aus: Bruno Mahlknecht, Südtiroler Sagen, Bozen
1981, S. 85
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