Der
Schatz unter der Stiege
In
Maria Saal kam einmal eine Zigeunerin in einen Bauernhof
und traf die Bäuerin zu Hause an. Die Zigeunerin redete
von allerlei Dingen, zuletzt fragte sie, ob sie nicht um
Mitternacht kommen und der Bäuerin behilflich sein solle,
den Schatz unter dem dritten "Stiegenstapfl" zu
heben. Die Bäuerin sagte darauf: "Geah mar awöck,
Mensch, mit deina Schätze; in ünsrar Hütt
isch nicht va den Zuig!" und lachte hell auf.
Die Zigeunerin
machte sich eilends davon. Nachher ging das Ding der Bäurin doch im Kopf um und es reute sie, die
Schwarze so ohne weiteres weggeschickt zu haben. Einen Schatz
hätte sie doch für ihr Leben gern gefunden, aber
unter welcher Stiege suchen? Es gab viele Stiegen im Haus,
eine auch ausser demselben, und war es das dritte "Stapfel" von
oben oder von unten? Es blieb beim Raten, und obwohl man
oft in der Nacht unter der Kellerstiege ein Prasseln hörte,
als ob es brenne, war der Bauer doch nicht zum Nachgraben
zu bewegen, denn wenn die Leute auf das Geprassel herbeikamen,
um nachzusehen, was es gäbe, hörten sie immer wieder
nichts mehr. "Wäre ein Schatz vorhanden",
sagte der Bauer, "so würde er blühen, dass die
Leute es auch sehen könnten."
Quelle: Heyl, Johann Adolf, Volkssagen, Bräuche
und Meinungen aus Tirol, Brixen 1897, S. 261 f.
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