Die
Rittner Hirsche
In
alter Zeit hat es auf dem Ritten viele Hirsche gegeben, besonders
zahlreich waren sie in der Gegend von Oberinn gegen
den Sam hin; so heisst eine schön bewaldete niedere
Bergkuppe oberhalb des genannten Dorfes.
Daselbst hat man
des öftern eine Hirschkuh gesehen, welche ganz "g'hill" und
fromm war. Die Leute hatten das Tier überaus liebgewonnen
und hielten es hoch in Ehren, als wäre es etwas übernatürliches.
Eine zweite, so fromme und den Menschen zugetane Hirschkuh
gab es nirgends mehr. Da sei einmal ein wildfremder Jäger gekommen, niemand
wusste woher, und habe das gute Tier geschossen. Wie
sie es zerlegten, stiessen sie auf ein Kitzchen von
wunderbarer Färbung. Den Leuten erschien diese Tat als
ein wahrer Frevel und sie konnten das gute Tier lange nicht
vergessen. Infolge dieses Frevels, erzählt man, hätten
alle Hirsche weitum die Gegend verlassen, und seither sei
keiner mehr auf dem Ritten gesehen worden. Erst viel später
siedelten sich am Ritten wieder einige Hirsche an.
Quelle: Heyl, Johann Adolf, Volkssagen, Bräuche
und Meinungen aus Tirol, Brixen 1897, S. 243
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